Was steckt hinter dem Begriff "kontrolliert biologischer Anbau" (kbA)? Welche Richtlinien und Standards müssen Produkte mit dieser Bezeichnung erfüllen? Die Antworten erfährst du hier.
Die Bezeichnung „kontrolliert biologischer Anbau“ findet sich auf vielen Lebensmitteln. Was sie bedeutet, ob sie geschützt ist und welchen Richtlinien sie unterliegt, kannst du in diesem Artikel nachlesen.
Kontrolliert biologischer Anbau: Was ist das?
Die Abkürzung kbA bedeutet „kontrolliert biologischer Anbau“ und ist ein von der Europäischen Union geschütztes Bio-Zertifikat. Hinter der Bezeichnung steht ein komplexes System von Vorgaben und Prüfungen.
Die Basisrichtlinien für die ökologische Landwirtschaft wurden von der Internationalen Vereinigung der ökologischen Landbaubewegungen (IFOAM) entwickelt. Dieses Rahmenwerk für Öko-Zertifizierungen diente als Grundlage bei der Ausarbeitung der EG-Öko Verordnung der europäischen Union (EG Nr. 834/2007) und damit der Definition des kontrolliert biologischen Anbaus. Die EU-Verordnung legt genau fest, wie Lebensmittel und andere Erzeugnisse produziert werden müssen, damit sie als Öko-Produkte das EU-Bio-Siegel tragen dürfen.
Vorschriften für den kontrolliert biologischen Anbau
Um das Zertifikat zu erhalten, müssen Betriebe Vorgaben und Regeln einhalten. Verpflichtend ist nach der EU-Verordnung:
- der komplette Verzicht auf Gentechnik
- der komplette Verzicht auf mineralischen Kunstdünger
- artgerechtere Haltungsformen und Ernährung der Tiere mit ökologisch einwandfreiem Futter (mehr dazu hier: Bio-Siegel: Was haben die Tiere davon?)
- der komplette Verzicht auf chemisch-synthetische Pestizide für Pflanzen
- der Einsatz von nur etwa 70 von 400 für allgemeine Lebensmittel zugelassenen Zusatz- und Hilfsstoffen
- der komplette Verzicht auf Wachstumsregulatoren und andere Mastmittel für Nutztiere
- der Verzicht auf künstliche Farbstoffe oder Geschmacksverstärker beim Weiterverarbeiten der Produkte
Somit schont der kontrolliert biologische Anbau nicht nur die Umwelt, er soll auch für möglichst schadstofffreie Endprodukte stehen.
Umwelt-Vorschriften für den kontrolliert biologischen Anbau
Zum kontrolliert biologischen Anbau gehören auch Kriterien, die den fruchtbaren Boden nicht übermäßig auslaugen sollen. Zur Düngung der Felder sind beispielsweise nur Mulch, Jauche oder Gründünger zugelassen. Auch Schädlingsbekämpfung beziehungsweise -kontrolle geschieht auf biologische Weise, etwa durch das Verwenden bestimmter Insekten, die Pflanzenschädlinge vertilgen.
Betriebe eines kontrolliert biologischen Anbaus setzen auf eine natürliche Fruchtfolge und vermeiden Monokulturen. Das bedeutet einen jährlichen Rhythmus im Anbau von Hülsenfrüchten, Feldgemüse und Hackfrüchten, um den Boden nicht einseitig zu belasten.
Das Ziel ist ein geschlossener und natürlicher Kreislauf: Der Dünger für die Böden stammt von Tieren, die Erde versorgt die Pflanzen mit Nährstoffen und die Pflanzen werden zu Lebensmitteln und Tierfutter verarbeitet.
kbA: Wer sich "Bio-" oder "Öko" nennen will, muss das auch sein
Seit 2010 ist das EU-Bio-Siegel die Voraussetzung dafür, dass Produkte innerhalb der Europäischen Union „Bio-„, „Öko-“ oder „aus kontrolliert biologischem Anbau“ genannt werden dürfen. Erlaubt ist die Verwendung der Begriffe nur, wenn die Erzeugnisse mit der Verordnung in Einklang stehen, so die EU in der Verordnung EG Nr. 834/2007. Die Zutaten müssen jedoch nur zu mindestens 95 Prozent den Kriterien entsprechen. Das liegt daran, dass es Zutaten gibt, die in ökologischer Qualität „nachweislich nicht verfügbar“ sind. Die Bezeichnungen „Bio-„, „Öko-“ und „aus kontrolliert biologischen Anbau“ sind somit rechtlich geschützt und die Hersteller:innen sind verpflichtet, sich an die Verordnung zu halten.
Die Zertifizierung und eine jährliche Kontrolle der Landwirtschaft führen staatlich anerkannte, aber unabhängige Institutionen durch. Die Anbaubetriebe müssen dabei ihre Produktionsmethoden und ihren Warenfluss offenlegen.
Wichtig: Der Begriff „Bio-“ und „Öko-“ ist nur für Lebensmittel und nicht in der Textilindustrie geschützt. Bei uns findest du eine Übersicht über die wichtigsten Siegel für die Textilindustrie.
Probleme und Schwierigkeiten des kontrolliert biologischen Anbaus
Eine Schwierigkeit des kontrolliert biologischen Anbaus ist der sehr hohe Aufwand gegenüber konventioneller Landwirtschaft. Darüber sind ist ein komplexeres Know-How und mehr Erfahrung für einen erfolgreichen kbA-Betrieb notwendig als für einen herkömmlichen. Das liegt daran, dass die Betreiber:innen viel mehr Vorschriften und Regeln einhalten müssen. Die Agrarmarktinformations-Gesellschaft (AMI) schätzt, dass die Durchschnittserträge von Bio-Getreide im Zeitraum von 2012 bis 2019 nur halb so groß waren wie die konventioneller Betriebe. Im kontrolliert biologischen Anbau ist aber nicht maximale Produktivität das Ziel, sondern eine optimale Produktion, die Umwelt und menschliche Gesundheit nicht belastet.
Der kontrolliert biologische Anbau wird in vielen Ländern der Welt betrieben, macht aber bis jetzt nur etwa 1,6% der gesamten Landwirtschaftsfläche aus. Diese Zahl geht aus den Daten des IFOAM-Jahrbuchs „The World of Organic Agriculture“ von 2022 hervor. Laut dem Umweltbundesamt wurden im Jahr 2020 9,6 Prozent der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland ökologisch bewirtschaftet. Die Tendenz des Anteils ist durch das wachsende ökologische Bewusstsein der Gesellschaft steigend.
Eine weit verbreitete Kritik ist, dass die Vorgaben und Regeln des EU-Bio-Siegels für einen effektiven Umweltschutz und eine artgerechte Tierhaltung nicht ausreichen. Andere, nicht-staatliche Verbände haben weitaus strengere Vorgaben und Regeln als die amtliche EU-Verordnung. Zu diesen gehören Naturland, Demeter und Bioland.